„… dann siehst du, was dir gehört.“
Diesen Spruch habe ich so oder so ähnlich als Kind oft von meinem Vater gehört. Ein Spruch, der mir damals ein Gefühl der Ohnmacht vermittelt hat, wahrscheinlich auch vermitteln sollte.
Rückblickend, auf eine ganz andere Weise, wie es damals wahrscheinlich beabsichtigt war, empfinde ich den Spruch heute als wahr – und als befreiend.
Gerade hier in Deutschland, hat sich aus dem Sozialstaat heraus eine Anspruchshaltung entwickelt. Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass wir ein natüriches Recht auf gute und kostenlose Gesundheitsversorgung, staatliche Hilfe, ausgebaute und saubere Straßen, ein Auto, Fernseher, Smartphone und was noch alles haben. Wenn der Arzt nicht perfekt ist, regen wir uns auf. Wenn die Ämter uns Mühen auferlegen, um an Unterstützungsleistungen zu kommen, empfinden wir es als Zumutung. Wenn die Straßen schmutzig sind, machen wir sie nicht selbst sauber, sondern rufen nach der Stadtreinigung. Wenn dann aber die Steuern, Gebühren und Abgaben steigen, regen wir uns wieder auf. Und wenn Menschen aus anderen Ländern, auf deren Rücken unser Reichtum gebaut ist, hier her kommen, weil sie auch ein Stück vom Kuchen haben wollen, regen wir uns nicht nur auf, wir werden sogar aggressiv und handgreiflich.
Die Wahrheit ist: Wir haben ein natürliches Recht auf gar nichts.
Hilfe ohne Gegenleistung ist das Vorrecht der kleinen Kinder und der gebrechlichen Alten. Alle, die wir dazwischen sind, entmündigen uns selbst mit dieser Haltung. Wir machen uns zu kleinen Kindern, unfähig, unser Leben selbst zu regeln. Wir haben kein Recht darauf, dass uns das Leben unsere Wünsche von den Augen abliest. Es gibt niemanden, der Schuld ist, wenn uns das Schicksal mal übel mitspielt, wenn wir uns den neuen Super-Ultra-HD-3D-Fernseher nicht leisten können, den der Nachbar hat – schon gar nicht der Syrer in der Wohnung nebenan, der froh ist, ein Dach über dem Kopf zu haben, das ihm niemand über Nacht zerbombt.
Ich will unseren Sozialstaat nicht aufgeben. Er ist eine hervorragende Errungenschaft. Aber wir dürfen ihn nicht als selbstverständliches Recht hinnehmen. Wir müssen ihn uns jeden Tag neu verdienen, ihn jeden Tag neu verteidigen, für seine Erhaltung arbeiten und bezahlen. Und er ist kein Grund, sich ihn ihm auszuruhen.
Wenn Müll auf der Straße liegt: heb‘ ihn auf.
Wenn du dir etwas nicht leisten kannst: komm ohne klar. Dir geht es höchstwahrscheinlich immer noch besser als 90% der restlichen Weltbevölkerung.
Wenn du jemanden Leiden siehst: hilf.
Verhalte dich wie ein Erwachsener und übernimm Verantwortung.